Fast seit 8 Jahren inzwischen habe ich eine Angewohnheit, die ich früher vermutlich selbst komisch gefunden hätte: ich habe ständig mindestens einen Ausdruck einer Liste griffbereit. Eigentlich sind es zwei Listen: eine mit Worten für Gefühle und auf der Rückseite eine mit Worten für Bedürfnisse. An meinem Arbeitsplatz, als Buchzeichen, ganz klein im Geldbeutel – die Liste muss immer mit!
Ich verwende diese Liste im Wesentlichen für zwei Zwecke: Meinen Wortschatz erweitern und in Kontakt kommen.
1) Wortschatz erweitern
Vor allem als ich mich ganz neu mit Gewaltfreier Kommunikation beschäftigt habe, haben mir schlicht oft die Worte gefehlt. Klar – keins von den Worten auf der Liste war mir unbekannt (obwohl – Kongruenz und Interdependenz war mir tatsächlich neu…), aber es war eher im passiven Wortschatz. Wenn mich jemand gefragt hat, wie es mir gerade geht, war dann doch nur “gut” “na ja” oder “passt schon”. Und wenn die Frage spezifisch war “wie fühlst du dich gerade?” dann bin ich über die Grundgefühle “wütend” “traurig” “ängstlich” “froh” kaum herausgekommen.
Seit ich mich mit der Liste viel beschäftigt habe, habe ich viel mehr Worte auch aktiv zu Verfügung. Ich kann schneller benennen, wie es mir gerade geht. Um anderen Menschen zu beschreiben, wie mein Gefühlszustand ist, ist es für mich deutlich effektiver, mehr Worte zu Verfügung zu haben. Es macht einen feinen aber entscheidenden Unterschied, ob ich “ratlos”, “hilflos”, “ohnmächtig” oder “resigniert” bin. Es ist etwas anderes, ob ich “zornig”, “wütend” oder “ärgerlich” bin.
Jedes Wort beschreibt eine bestimmte Qualität. Mehr Worte zu kennen, bedeutet für mich auch, Feinheiten besser wahrzunehmen.
2) in Kontakt kommen
Ich meine damit vor allem: mit mir selbst in Kontakt kommen. In Situationen, wo ich mich über etwas / jemanden / mich selbst ärgere zum Beispiel. Mir hilft es dann oft, wenn ich einfach schaue, welches von diesen Worten beschreibt denn, wie es mir gerade geht? Und welches Wort beschreibt, was ich gerade brauche?
Beides hilft mir, mich selbst besser zu verstehen und mit mir in Kontakt zu kommen. Allein die passenden Worte zu lesen und eine Resonanz bei einem Wort zu merken, hat für mich einen Effekt von “verstanden werden”. Ah, mir geht es gerade um Kontakt und Gemeinschaft. Das bringt mir jedesmal auch ein Stück Entspannung.
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