Wochenrückblick KW45 2021 – Ausnahmezustand

Ich schreibe ja seit einiger Zeit nahezu regelmäßig Monatsrückblicke. Das ist für mich selbst eine schöne Gelegenheit, noch mal Revue passieren zu lassen, was alles so im vergangenen Monat gelaufen ist und auch ein bisschen zu überlegen, was ich alles im kommenden Monat vorhabe.

Zugegeben: in den letzten Monaten war das nicht mehr ganz so regelmäßig. Es ist gefühlt nicht besonders viel passiert, über das ich schreiben wollte oder konnte. Manches, was mich bewegt hat, hatte viel mit anderen Menschen in meinem Leben zu tun und das will ich nicht einfach so veröffentlichen.

Diese Woche, die erste Woche im November 2021, war aber so ereignisreich, das will ich aufschreiben und zwar jetzt gleich, wo es alles noch frisch ist. Angefangen mit zwei intensiven Tagen als Seminarassistenz über einen Sturz und Wasserschaden bis hin zu einem Entschleunigungs-Wochenende.

Seminarassistenz

Am Montag und Dienstag war ich als Assistentin bei den Supervisionstagen für MediatorInnen der Akademie Blickwinkel dabei. Für die TeilnehmerInnen war das eine Gelegenheit, ihre Fähigkeiten zu vertiefen und zu erweitern. Ich fand die Gruppe sehr angenehm, ich hatte viele schöne Gespräche am Rande und in den Pausen. Auch für mich war es hilfreich, die Inhalte noch einmal zu erleben – und vieles habe ich auch dadurch nochmal tiefer gelernt, indem ich etwas erklärt habe.

Einige Übungen durfte ich auch selbst anleiten, das war einerseits aufregend, andererseits auch entspannt, weil ich gut vorbereitet war und Andi Schmidbauer (der Trainer) mich viel unterstützt und auch ermutigt hat im Vorfeld.

Ausgerutscht auf nassem Laub

Für den Weg zum Seminar habe ich mich für’s Fahrrad entschieden. Die Strecke ist schön zu fahren, ca. 45 Minuten, einen großen Teil davon entlang der Isar. Mit U-Bahn/S-Bahn ist die reine Fahrzeit zwar ein paar Minuten weniger, aber an einem Feiertag sind die Wartezeiten auch in einer Großstadt wie München unangenehm lang. Deshalb lieber frische Luft und Bewegung statt Rumsitzen mit Masken.

Am Montag vormittag habe ich das richtig genossen. Die Sonne ging gerade auf, dank Feiertag und früher Stunde war es ruhig und ich konnte ganz entspannt fahren. Am Abend war es dann nicht mehr ganz so schön: es hat geregnet und war schon dunkel. Ein Fahrradweg mit viel Laub, eine Kurve, die ich dank Laub und Dunkelheit nicht früh genug sehen konnte und schon ist mein Fahrrad auf der Kante des Fahrradwegs weggerutscht und ich bin auf die Seite gestürzt.

Autsch! Handgelenk. Knie. Brustkorb. Nach kurzer Bestandsaufnahme konnte ich aufstehen und ein paar Schritte humpeln. Mit jedem Schritt ging es etwas besser, auch wenn vor Schreck meine Knie etwas weich waren. Ich konnte dann einigermaßen gut nach Hause fahren. Ich habe etwas hin- und her-überlegt, ob ich wegen der Schmerzen an den Rippen zum Arzt soll. Weil ich ziemlich ungern zum Arzt gehe, dachte ich mir, ich schau mal, wie es sich entwickelt und “so schlimm ist es ja nicht”. An dieser Stelle habe ich seither dazugelernt: mit meinem heutigen Wissen wäre ich vermutlich gleich zum Arzt gegangen – aber dazu später mehr.

Arztsuche Teil 1

Am Dienstag bin ich dann trotz Schmerzen zum Seminar gegangen (diesmal mit U-/S-Bahn), das war mit einigen Einschränkungen auch ok. Nachdem mir in Gesprächen gleich drei Leute geraten haben, zum Arzt zu gehen, habe ich mich dann am Mittwoch aufgerafft. Erst mal zum Hausarzt, dachte ich – “so schlimm ist es ja nicht”. Meine Hausärztin hat Mittwochs nur nachmittags Sprechstunde, also habe ich bis dahin gewartet. Deren Anrufbeantworter war defekt, deshalb bin ich gleich hingegangen – und wurde abgewiesen “wir sind komplett voll – gehen Sie bitte zum Orthopäden oder wenn es dringend ist ins Krankenhaus”.

Also habe ich erst mal nach Orthopäden gesucht. Der erste Treffer, gleich bei mir um die Ecke: Hat Mittwochs nur vormittags auf. Der zweite Treffer: Hatte zu dem Zeitpunkt seit ein paar Minuten geschlossen. Also habe ich mir vorgenommen, am Donnerstag früh einen neuen Versuch zu starten.

Alles unter Wasser

In der Nacht zum Donnerstag war ich erst froh, dass ich ein paar Stunden gut schlafen konnte und mich die Schmerzen nicht die ganze Nacht umgetrieben haben. Aber dann, kurz vor 7 Uhr, hat mich die Türklingel unsanft aus dem Schlaf gerissen. Nach ein paar Schritten in Richtung Türe der Schock: ich stehe im Wasser!

Also erst mal hektisch nach der Quelle gesucht – und leider in meiner Küche gefunden. Unter der Spüle schoss das Wasser heraus, aus einem Ventil, das ich bisher nie beachtet hatte (und dessen Funktion mir ein komplettes Rätsel ist…).

Der Hausmeister kam dann auch schon an, kurz darauf jemand mit einem Wassersauger. Und im Laufe des Tages dann erst Menschen mit Trocknungsgeräten, dann mit Umzugskartons. Damit verbunden die Aussage: alles muss raus, es wird 4-6 Wochen dauern, bis alles getrocknet und renoviert ist.

Den Rest des Tages habe ich deshalb mit Packen verbracht. Alle haltbaren Lebensmittel in den Keller, alles was ich die nächsten Wochen brauche in einen Koffer und ein paar Taschen, den Rest in Umzugskartons oder Müllsäcke. Zum Glück konnte meine Schwester mich dabei unterstützen – alleine hätte ich das nicht geschafft! Echt anstrengend auf jeder Ebene. Die Kombination mit Schmerzen an den Rippen war das I-Tüpfelchen…

Am Freitag früh dann noch den Rest packen, die Männer von der Einlagerungsfirma einweisen – was muss noch eingepackt werden, was soll auf den Müll, was soll ins Lager. Die Männer waren total lieb und gut drauf, das hat für mich die Aktion deutlich erleichtert. Und ich habe immer wieder bewundert, wie sie einen vollen Karton, den ich gerade noch ziehen kann, so anscheinend locker tragen können.

Dazwischen noch Telefonate mit der Versicherung. Ich bin gerade so froh, dass ich eine Hausratversicherung habe, die mir jetzt ohne große Umstände die Hotelkosten bezahlt. Und ich bin froh, dass meine Schwester in einem Hotel in München arbeitet – dort bin ich jetzt in einen kleinen Zimmer mit Mini-Küche untergebracht.

Arztsuche Teil 2

Nachdem ich am Donnerstag fast den ganzen Tag dank Adrenalin im Funktionsmodus war, habe ich am Freitag um so mehr meine Rippen gespürt. Deshalb habe ich mich dann doch in die orthopädische Notfallsprechstunde im Klinikum Großhadern begeben. Praktischerweise ist das ja bei mir gleich nebenan.

Ich muss an dieser Stelle vielleicht dazu sagen: ich war noch nie als Patient im Krankenhaus (abgesehen von meiner Geburt…). Ich gehe auch sonst nur zum Arzt, wenn es nicht mehr zu vermeiden ist. Mir bricht der Angstschweiß aus, wenn ich nur schon daran denke, zu einem Arzt zu gehen. Krankenhaus potenziert das Ganze noch mal.

Also habe ich die Zähne zusammengebissen und habe den Krankenhaus-Apparat über mich ergehen lassen: durch endlose Gänge irren, stundenlang warten, dann wieder umherirren zum Röntgen, wieder warten. Das Ergebnis: Rippenprellung, tut halt 4 Wochen weh…

Der Arzt mit Blick auf das Röntgenbild: „Das ist schon mal gut, die Lunge ist nicht verletzt.“ Ich (will ja dazulernen): „Woran hätte ich das gemerkt?“ Der Arzt, ganz trocken: „Dann wären Sie jetzt tot.“ Ich: „…“.

Immerhin konnte ich den Arzt davon überzeugen, mir kein Opiat als Schmerzmittel zu verschreiben. Ich nehme sonst nie irgendwelche Schmerzmittel, auch bisher die ganze Woche nicht – deshalb ist es mir lieber erst mal was milderes zu probieren. Jetzt wo ich das schreibe, bestätigt sich das für mich: Selbst mit etwa der Hälfte der Dosis geht es mir gut und lachen tut nicht mehr weh.

Kontrastprogramm Entschleunigung

Am Samstag bin ich dann mit dem Zug in Richtung Bodensee gefahren, um meine Mutter zu besuchen. Anlass des Besuchs genau an diesem Wochenende ist, dass eine neue Pflegekraft seit Freitag bei ihr ist – und ich sie and diesem ersten Wochenende unterstützen will: Fragen beantworten, noch ein paar Dinge erklären.

Ansonsten verbringe ich langsame und gemütliche Stunden dort. Mit meiner Mutter zusammen sitzen, die Wolken vorbeiziehen sehen, eine schöne Klassik-CD anhören (gerade läuft ein Violinkonzert von Beethoven), lange Spaziergänge am Ufer oder durch Streuobstwiesen, Karten spielen, Sterne gucken, zusammen essen und Gespräche. Ein Tempo, das ich sonst so nicht habe. Gerade in dieser Woche tut es mir richtig gut.

Schreibe einen Kommentar