Neulich saß ich in einer Runde mit Kollegen zusammen, und wir haben uns über verschiedene Fragen rund um unseren Beruf als Coach ausgetauscht. Und eine Person hat die Frage aufgeworfen: “Wie kann ich mich entspannen? Irgendwie klappt nichts so wirklich – und ich würde gerne mehr Möglichkeiten sammeln.” Was wir dann an Ideen gesammelt haben, habe ich als Ausgangspunkt für diesen Artikel verwendet.
Was bedeutet eigentlich Entspannung?
Manchmal definiere ich Entspannung einfach als eine Abwesenheit von Anspannung und Stress. Ich bemerke dann zum Beispiel, wie Spannung im Nacken oder in den Schultern abfällt. Überhaupt sind meine Muskeln eher locker, wenn ich entspannt bin.
Entspannung bedeutet für mich, dass ich innerlich weich bin. Sowohl körperlich als auch mental oder psychisch. Ich bemerke eine Weite, eine Offenheit. Und eine innere Ruhe.
Was stört die Entspannung?
Am meisten stört aus meiner Sicht die Entspannung, wenn die Gedanken nie zur Ruhe kommen. Stress, der Gedanke an die (zu lange) Todo-Liste, der Gedanke an das zuwenige das erreicht wurde, Termindruck, ungeliebte Aufgaben, Angst vor der Zukunft, das Hadern mit der Vergangenheit, Zweifel an den eigenen Fähigkeiten, und so weiter.
Wenn ich meinen Gedanken freien Lauf lasse, drehe ich mich schnell im Kreis. Ich habe die Tendenz, mich kleiner zu machen, mit mir nicht ganz so freundlich zu reden, voller Sorge in die Zukunft zu schauen. Es gab Zeiten, da haben mich diese Gedankenkreisel Abends nicht einschlafen lassen und Nachts wachgehalten. Entspannung? Fehlanzeige!
Wie kann ich mich entspannen?
Entspannung ist etwas, das alle Menschen brauchen. Es ist wichtig für wirklich jeden Menschen – egal welches Alter und welche Lebenssituation. Und gleichzeitig sind Menschen verschieden – was für einen entspannend ist, ist für andere purer Stress. Ich lasse mich gern von anderen inspirieren, wie sie für sich Entspannung erfahren. Je mehr Möglichkeiten ich kenne, desto mehr kann ich auch für mich ausprobieren.
Diese Sammlung soll eine Anregung sein, mal etwas anderes auszuprobieren um zu entspannen. Im Anschluss an diese lose Liste gibt es einige kurze Anleitungen für die vielleicht etwas weniger bekannten Möglichkeiten.

Entspannung im Alltag
- Kaffee trinken – den Kaffee machen, hinsetzen und trinken. Oder rausgehen in ein Café
- Tee trinken – “abwarten und Tee trinken” – Teezeremonie
- In die Sauna gehen – körperliche Entspannung durch die Wärme, wenig Reize von außen
- Schlafen – Mittagsschlaf, Power Nap, ausschlafen, früh ins Bett gehen
- Roman lesen
- Hörbuch hören
- Film schauen
- Musik hören
- Musik machen
- Spieleabend mit Freunden
- Computerspiel machen
- Malen oder Zeichnen – frei, nach Vorlage, ausmalen, Mandalas, Zendoodles
- Handarbeiten machen – nähen, stricken, häkeln, Socken stopfen
- Hausarbeiten – putzen, fegen, abwaschen
- Gerüche – Aroma-Öle, Erinnerungen
- Medien abschalten – Fernseher, Computer und Handy aus
Entspannung in der Natur
- Wandern oder Spazierengehen in der Natur
- Im Garten sitzen und die Blumen anschauen, Vögel und Insekten beobachten und anhören
- In der Natur sein
- Am Wasser sein – Bach, See, Meer
Innerliche Entspannung – entspannte Gedanken
- Nichts tun müssen, Zeit haben
- im Terminkalender Zeiten / Tage / Wochen ohne Termine einplanen
- Keine Gedanken an Probleme, kein Gedanke etwas gut machen zu wollen oder zu müssen, kein Gedanke etwas erledigen zu müssen
- Todo-Listen schreiben, damit die anstehenden Dinge vom Gehirn aufs Papier kommen – dann kann das Gehirn leichter loslassen
- Dinge erledigen. Punkte von der Todo-Liste abarbeiten. Nichts bringt die inneren Stimmen von “hätte” “müsste” “sollte” einfacher zum schweigen.
- alle belastenden Gedanken auf Papier bringen. Zum Beispiel: Was ich gerade unbedingt machen muss. Oder was ich im Leben noch erreichen will. Oder von was ich träume. Oder vor was ich Angst habe. Was mich vom Tag noch beschäftigt. Was mich gerade alles bremst.
- Selbstempathie, Empathie, Selbstcoaching-Prozesse, Coaching
- Wertschätzung – für andere Menschen, für sich selbst, für materielle Dinge
- Verantwortung übernehmen – von “ich muss” zu “ich entscheide mich dafür”
- Mich selbst ernst nehmen. Meine eigenen Bedürfnisse berücksichtigen bei Entscheidungen.
- Meine Gefühle spüren, und den Widerstand gegenüber diesen Gefühlen loslassen
- jede Form von Meditation oder Achtsamkeitsübung, z.B. Body-Scan
- Erdung, z.B. durch die Vorstellung Wurzeln aus den Füßen in die Erde wachsen zu lassen
- Bewusste Atmung
- Atem-Techniken, z.B. Pong Youp, Wim-Hof-Atmung
- ruhige und bewusste Bewegung, z.B. Yoga, Tai-Chi, Herzkreis
- Klangmassage
- Tagträumen
- Freundliche Selbstgespräche
- Dinge langsam tun, bewusst tun
- langsam gehen – barfuss gehen führt bei mir automatisch dazu, dass ich ein gutes Stück langsamer und bewusster gehe
- den innerlichen Pause-Knopf drücken
Anleitungen
Im folgenden will ich Anleitungen für Meditationen oder Techniken mit dir teilen, die ich hilfreich finde, um mich zu entspannen oder innerlich zur Ruhe zu kommen.
Bisher sind es nur wenige – die Sammlung soll im Lauf der Zeit noch wachsen. Gerne nehme ich auch Anregungen von meinen Lesern mit auf!
Hakalau – ein Zustand ganz im Jetzt und Hier
Diese kurze Technik wende ich gern beim Warten auf Bahnhöfen an. Besonders gut hilft sie mir, wenn ich nervös bin, zum Beispiel vor einem wichtigen Termin. Gerade an Orten mit vielen Menschen und vielen Geräuschen hilft mir das auch, bei mir zu bleiben und nicht überfordert zu sein von all den Eindrücken um mich herum.
“Hakalau” ist der Name, unter dem ich das kennengelernt habe. Es bringt mich zuverlässig innerhalb von wenigen Minuten in meine Mitte. Ziel ist es, mich und meine Umgebung ohne Bewertung, ohne Analysen, möglichst vollständig zu beobachten. ⠀⠀⠀
- Ich schaue mit weichem Blick meine ganze Umgebung gleichzeitig an, wie eine Eule
Üben kannst du das, indem du beide Daumen auf Augenhöhe vor dich hälst und dann die beide Daumen zur Seite bewegst – wenn du so schaust, dass du beide gleichzeitig sehen kannst, schaust du wie eine Eule. - Ich versuche, alle Geräusche gleichzeitig zu hören
Egal wie laut oder leise, nah oder fern ein Geräusch ist. - Ich spüre gleichzeitig alles außen an meinem Körper, den Kontakt zur Außenwelt
Zum Beispiel den Kontakt zum Boden, zur Kleidung. Oder auf meiner Haut die Sonne oder den Wind - Ich spüre gleichzeitig alles in mir, was ich im Körper fühle
Vielleicht gibt es irgendwo Muskel-Anspannungen, oder weiche Muskeln, oder der Magen bewegt sich, oder es ist irgendwo eng oder weit. Vielleicht nehme ich auch Emotionen wahr – Ärger, Angst, Trauer, Scham, Freude. - Ich versuche, all das gleichzeitig wahrzunehmen – sehen, hören und fühlen nach außen und nach innen.
Sobald ich das auch nur annähernd erreicht habe, werde ich ruhig. Das ist so viel gleichzeitig, da bleibt einfach kein Platz mehr für seltsame Gedanken.
Waldspaziergang mit allen Sinnen
Ich mag geführte Meditationen gerne zur Entspannung zwischendurch. Natürlich kannst du auch tatsächlich im Wald spazierengehen und deine Aufmerksamkeit auf deine Sinne richten. Manchmal ist das aber leider nicht möglich, z.B. bei Krankheit, im Zug, bei der Mittagspause mitten in der Stadt. Dann ist dieser virtuelle Spaziergang im Wald eine schöne Alternative. Du stellst dir vor, dass du im Wald spazieren gehst und deine Umgebung beobachtest.
- schau mit weichem Blick auf die gesamte Umgebung
- betrachte etwas ganz im Detail
- höre, welche Geräusche du wahrnehmen kannst
- beobachte ein Geräusch ganz im Detail
- fühle alles, was du außen an deiner Haut spürst
- fühle in deinen Körper hinein
