Mein ganz persönliches Viren-Logbuch

Seit Anfang März habe ich immer mal wieder kurze Notizen geschrieben über die aktuelle Situation – Lockdown, Corona-Virus, wie es mein Leben beruflich und privat beeinflusst. Erst jetzt, Anfang April, komme ich dazu, meine Notizen zu sammeln, zu sortieren und hier zu veröffentlichen.

Update: Ich ergänze den Artikel immer wieder um neue Einträge – der momentan neueste: 5. Mai

Table Of Contents
  1. März – vor dem Lockdown
  2. März – Ausgangsbeschränkungen
  3. April April
  4. Mai – alles neu?

März – vor dem Lockdown

Ende Februar, Anfang März bekomme auch ich langsam mit, dass da etwas ungewöhnliches passiert. Ich lese nur selten Nachrichten, die meisten Ereignisse bekomme ich eher über Freunde mit. Es gibt schon eine Vorahnung, dass es auch uns hier in Deutschland betreffen könnte, aber noch erscheint es weit weg und irgendwie schwer vorstellbar.

3. März: Ich brauche Klopapier

Anfang März lese ich die ersten Berichte über Hamsterkäufe. Klopapier soll heiß begehrt sein. mhm. Ich habe nur noch eine Rolle zuhause. Also wollte ich unbedingt bald Klopapier kaufen. Und weil sowieso noch eine Zahnbürste auf dem Einkaufszettel stand, bin ich mit dem Fahrrad zum Drogeriemarkt gefahren. Nüsse könnte ich dort auch gleich besorgen. Vor Ort allerdings gähnende Leere beim Klopapier. Ich komme mir vor wie im falschen Film. Bei den Lebensmitteln ist auch ziemlich viel leer. Ich bin einfach nur erstaunt.

Direkt nebenan ist ein Supermarkt, dort schaue ich als nächstes. Hier ein ganz anderes Bild: Alle Regale prall gefüllt, alles komplett normal wie immer.

Deshalb hab ich jetzt eine Packung zuhause – und die reicht mir locker 2-3 Monate. Bis dahin hat hoffentlich auch der letzte Hamster seine Lager gefüllt… Ich prophezeie einen deutlichen Umsatzrückgang im nächsten halben Jahr nach dem Ende der Krise für die Hersteller von Klopapier, Mehl und Nudeln…

6. März: Es erreicht mich direkt – Seminar-Absage

Vom 12.-15.3. wollte ich ein Seminar besuchen: „Evolve“ Spirituelles Coaching von Bahar Yilmaz und Jeffrey Kastenmüller. Als ich am 6.3. erfahren habe, dass das Seminar abgesagt (bzw. verschoben) wird, war ich erst überrascht. Ich dachte kurz „ist das nicht übertrieben?“ und es gab einen Moment von „ach wieso denn?“. Ich hatte mich schon sehr darauf gefreut, die beiden endlich mal in einem Seminar live zu erleben.

Diese Haltung hat sich ziemlich schnell verändert. Grund dafür war die Begründung der Veranstalter. Viele Menschen haben aktuell Angst – und egal ob diese Angst begründet ist oder nicht, die Emotion ist real. Im Seminar gäbe es engen Kontakt von über 100 Menschen, es geht auch darum, sich komplett aufeinander einzulassen und sich fallen zu lassen. Wenn da diese Angst im Raum ist, dann können sie nicht die Qualität von Seminar machen, die sie anstreben.

Was mich wirklich bewegt hat, war diese Aussage: Wir sagen das Seminar nicht ab, weil wir Angst vor dem Virus haben. Wir sagen ab, obwohl wir Angst haben – Angst vor Ablehnung durch die Teilnehmer, Angst vor dem Aufwand und dem Unmut der entstehen könnte.

12.-15. März: Dann nutze ich eben die freie Zeit zuhause!

Da ich nun durch die Seminar-Absage unerwartet vier freie Tage zuhause hatte, habe ich die Zeit für etwas genutzt, was schon länger auf meiner Todo-Liste stand. In meiner Online-Ausbildung zum Elevation-Coach bei Bahar Yilmaz und Jeffrey Kastenmüller gab es auch ein optionales Live-Modul, bei dem ein Teil der Teilnehmer ein Wochenende lang zusätzliche Inhalte erleben und lernen durften. Ich hatte leider an dem Termin schon einen anderen festen Termin und konnte deshalb nicht hinfahren.

Das Wochenende wurde zum Glück aufgezeichnet wurde und so kann ich es von zuhause aus zumindest teilweise auch erleben. Einerseits habe ich mich sehr darauf gefreut, andererseits habe ich es bisher nicht geschafft, die über 10 Stunden Material irgendwo unterzubringen.

Aber jetzt! Vier Tage ohne Termine – jeden Tag habe ich erst mal 2-3 Stunden lang die Videos geschaut und die wirklich sehr intensiven Sessions erlebt. Die Inhalte beschäftigen mich immer noch und es wird sicher nicht das letzte Mal sein, dass ich sie anschaue.

12. März: Zuhause verschönern oder zuhause bleiben?

Eigentlich will ich mir Vorhänge kaufen. Ich hätte gern endlich welche, die meine Wohnung nachts besser abdunkeln und am späten Nachmittag die Sonne besser abhalten. Ich hatte mir online schon einige ausgesucht, die in Frage kommen würden, wollte aber unbedingt in den Laden und die Stoffe in echt sehen.

Und dann die Frage: soll ich jetzt wirklich noch so was machen? Durch halb München mit S- und U-Bahn? Ich habe mich dagegen entschieden. Mit den Vorhängen lebe ich jetzt schon seit über 10 Jahren so, damit kann ich noch ein paar Wochen länger leben.

13. März: Nochmal einkaufen vor dem Lockdown

Ich überlege mir, dass ich in den nächsten Wochen so wenig wie möglich einkaufen will. Ich befürchte Regelungen wie in anderen Ländern – nur ein Kunde gleichzeitig im Laden und endlose Schlangen. Aktuell fehen ein paar Dinge in meinem Haushalt, die kaufe ich in meinem Lieblings-Bioladen um die Ecke ein.

Seither (Stand 8.4.) war ich in keinem Laden mehr. Meine Gemüse-Versorgung ist dank Solidarischer Landwirtschaft (= ich bekomme einmal pro Woche eine Kiste Gemüse) unabhängig davon gesichert.

14. März: Dänemark-Retreat fällt aus

Ende März wollte ich für eine Woche zu einem Retreat nach Dänemark fahren. Auch weil jetzt täglich neue Nachrichten eintreffen, welches Land welche neuen Beschränkungen erlässt, hatte ich für mich schon entschieden, nicht mitzufahren. Auch wenn ich die Leute gern wieder gesehen hätte und mich auf die gemeinsame Zeit gefreut habe. Die Aussicht, schlimmstenfalls wochenlang dort in Quarantäne festzusitzen – nein danke. Jetzt ist das Retreat auch offiziell abgesagt.

15. März: Mein Dilemma – Moral bei Angeboten

Ich mache ja meine Coachings schon von Anfang an online – weil mir das einfach liegt. Und natürlich möchte ich dafür Kunden gewinnen (und irgendwann davon leben) – und es wäre höchste Zeit, endlich mal mehr dafür zu unternehmen. Zum Beispiel ganz konkret Termine für Erstgespräche anbieten. Zum Beispiel nochmal meinen Blogartikel teilen (Wie) funktioniert Online-Coaching?. Zum Beispiel Menschen ansprechen oder Werbung machen.

Das ist für mich sowieso schwierig als extrem Introvertierte. Jetzt wirbt gerade gefühlt jeder mit Online-Coaching – manch einer so vehement dass ich es als aufdringlich wahrnehme und als ein „Geschäft mit der Angst“, ein „aus dem Leid anderer Menschen Geld machen“. Das mag ich nicht! (Anmerkung: sicher sind auch viele Menschen dabei, die wirklich helfen und unterstützen möchten!)

Auf meiner Todo-Liste steht schon seit Januar, dass ich eine Meditation zum Thema Angst aufnehmen und veröffentlichen will. Passend zu meinem Blogartikel den ich Mitte Januar über Angst geschrieben habe – und über einige Möglichkeiten damit umzugehen. Ich will eine Meditation aufnehmen, die der Angst in die Augen schaut und ihre gute Absicht umarmt, und in der die Energie hinter der Angst geweckt wird. Und jetzt gerade ist einfach auch bei mir eine Angst da – wie es weitergeht, um meine Mutter…

Jetzt lese ich gerade an jeder Ecke Angst-Meditation hier, Meditation für mehr Vertrauen dort. Es kommt bei mir der Gedanke: „ich will nicht auch noch auf diesen Zug aufspringen“ und „ich will nicht einer von denen sein, die sich einfach nur profilieren wollen“ (und auch hier: sicher sind auch viele Menschen dabei, die wirklich helfen und unterstützen möchten!)

Und dann gibt es noch eine andere, leise Stimme: Warum hälst du dich ausgerechnet jetzt zurück? Vielleicht gibt es Menschen, die genau meine Art, über die Angst zu sprechen, erreicht und unterstützt? Wäre es nicht so etwas wie unterlassene Hilfeleistung, wenn ich noch länger warte?

Und ja: jetzt hocken viele Menschen zuhause und haben viel Zeit. Vielleicht auch zuviel Zeit. So viel Zeit mit sich, dass auch unangenehmes hochkommt – und wo die Begleitung durch einen Coach hilfreich wäre.

Und die Stimme, die mir etwas in den Hintern tritt und sagt: Ha, diese aktuelle Situation könnte auch eine schöne Ausrede sein, damit du weiterhin in deiner Komfortzone bleiben kannst – nicht über den eigenen Schatten springen, nicht sichtbar sein.

Insgesamt glaube ich, dass diese Krise (wie jede Krise) das was schon da ist, einfach verstärkt. Wie Dünger. Ob dann Brennnesseln wachsen oder Kohlrabi oder Erdbeeren – das war vorher auch schon angelegt. Der Dünger (= Krise) verstärkt es nur. (im übrigen: ich liebe Brennnesseln – vor allem im Smoothie super lecker!)

16. März: Raus dem Dilemma: Ich verschenke mein Ohr!

Beim Spaziergang im Wald überlege ich mir, wie ich aus dem Dilemma rauskomme – was kann ich gerade wie anbieten, um etwas beizutragen und gleichzeitig meine Werte zu leben. Ich besinne mich darauf, dass es etwas gibt, das ich schon immer gut konnte: zuhören. Und und als Life-Coach bin ich sozusagen professionelle Zuhörerin.

In den letzten Tagen und Wochen habe ich von vielen meiner Freunde und Bekannten gehört, dass die aktuelle Situation sie ziemlich belastet. Sei es dass die Decke auf den Kopf fällt, purer Stress, oder Existenzängste… Sowohl aus eigener Erfahrung als auch von meinen Coachees weiß ich, dass es wahnsinnig wohltuend sein kann, wenn in solchen Situationen jemand einfach nur zuhört. Zuhört mit der Absicht, wirklich zu verstehen was die andere Person gerade bewegt.

Eine Zeitlang ringe ich noch mit der Frage: was will ich als Gegenleistung? Soll ich es einfach als vergünstigtes Coaching-Angebot machen, 50% C-Rabatt? Ich beschließe: Ich verschenke das. Wenn jemand am Ende feststellt, dass es hilfreich war, kann ich um eine Empfehlung bitten – das und die Erfahrung an sich sind für mich auch wertvoll.

Also entsteht mein Angebot: „Ich schenk dir mein Ohr.“ Solange die Ausgangsbeschränkungen in Deutschland gelten, biete ich kostenlose Coachings an (online, 30-60 min, 1x pro Person, solange ich Kapazitäten frei habe). Nebeneffekt: ich schaffe es endlich mal, mein Terminbuchungstool fertig einzurichten und auf der Webseite zu verknüpfen.

17. März: Einkaufen gehen?

Ich überlege mir, einkaufen zu gehen. Ehrlich gesagt eher aus Gewohnheit und ein bisschen Langeweile und dem Wunsch rauszukommen. Ich schaue erst mal nach, was ich eigentlich brauche. Auf den ersten Blick gibt es nichts was fehlt, der Kühlschrank ist voll mit Gemüse.

Aber vielleicht was Haltbares? Spontan entscheide ich, meinen Küchenschrank aufzuräumen und alle Vorräte zu sortieren. Wollte ich sowieso schon länger mal machen. Nach der Aufräum-Aktion weiß ich: verhungern werde ich in der nächsten Zeit sicher nicht. Linsen und Perldinkel brauche ich für den Rest des Jahres vermutlich nicht mehr kaufen… Einkaufen war ich dann nicht.

3 Packungen Perldinkel, 3 Packungen mit verschiedenen Linsen
Ein kleiner Einblick in den Inhalt meines Vorratsschranks – auch schon vor Corona…

18. März: „Hallo Introvertierte, helft den Extrovertierten“

Irgendwo im Netz sehe ich diesen Spruch: “Introverts, please put down your book and check on your extrovert friends. They are not ok.” Das hat mich ganz schön getriggert und ich war ziemlich irritiert.

Ich versuche den ganzen Menschen zu sehen. Komplett unterschiedliche Menschen kommen aktuell gut zurecht und komplett unterschiedliche Menschen kommen gerade überhaupt nicht zurecht.

Beispiel: Ich (Intro…) habe gerade an diesem Tag eine Dreiviertelstunde mit einem (mir bisher unbekannten) Nachbarn telefoniert. Der Mann ist ebenfalls sehr introvertiert, lebt sehr zurückgezogen – und er kommt gerade gar nicht zurecht, weil er sehr starke Angst hat. Und seine sowieso schon wenigen sozialen Kontakte brechen jetzt ganz weg.

Und gleichzeitig sehe ich mich sehr in der Verantwortung, solange ich gut klarkomme, andere zu unterstützen. Und dass es für mich ok ist, ein paar Tage hintereinander allein in meiner Wohnung zu sein, das hilft mir gerade durchaus.

März – Ausgangsbeschränkungen

19. März: Wir dürfen (fast) nicht mehr raus

Jetzt ist es also soweit. Ich habe seit Tagen damit gerechnet, jetzt gibt es Klarheit. Ab dem 20.3. gibt es Ausgangsbeschränkungen in Bayern.

Ich freue mich immer wieder über die kleinen Dinge. Als ich die Nachricht gehört habe, habe ich mir sofort durchgelesen was das genau bedeutet. Bewegung an der frischen Luft ist ausdrücklich erlaubt – danach habe ich gesucht und ich war froh und erleichtert! Spazierengehen im Wald ist für mich nicht nur Bewegung sondern auch Verbindung mit der Erde, Entspannung, Quelle für leckere Wildpflanzen.

Selfie von Judith, im Hintergrund Bäume
Ich genieße das schöne Wetter im Wald

20. März: Philosophisches. Raus aus dem Alltagsfilm

Mir wird bewusst, wie unterschiedlich wir alle leben. Und egal, wie jemand lebt, wird dieses Leben gerade durchgeschüttelt. Und auch das Durchschütteln sieht ganz unterschiedlich aus.

Manche Selbständige stehen ohne Aufträge da, andere haben mehr Arbeit als sonst. Für manche Menschen bedeutet es Kurzarbeit, andere, etwa in Krankenhäusern oder Supermärkten, arbeiten noch mehr als sonst. Kinder sind plötzlich den ganzen Tag zuhause, die Freizeitbeschäftigungen sind stark eingeschränkt, Veranstaltungen sind abgesagt.

Es ist eine Unterbrechung vom Alltag. Und ich glaube, dass das viele Menschen auf sich selbst zurückwirft. Gerade die Menschen, die nicht mehr viel rauskommen, haben plötzlich viel Zeit mit sich selbst. Mehr Zeit mit sich selbst heißt auch: Probleme werden sichtbarer und es wird schwieriger oder sogar unmöglich auszuweichen.

Auch ich merke die Tendenz, dass alte Gewohnheiten wieder auftauchen – Schoki essen zum Beispiel (zum Glück habe ich nie viel zuhause!)… Oder die Tendenz, dass mühsam erreichte Gewohnheiten wieder zusammenbrechen – regelmäßiger Sport zum Beispiel…

21. März: Vereinsarbeit – Workshoptage online?

Im Netzwerk Gewaltfreie Kommunikation München e.V. bin ich ja seit letztem Jahr Vorstandsmitglied und schon länger unterstütze ich den Verein bei den Veranstaltungen. Jeweils im Januar und Juli organisiert das Netzwerk Workshoptage, an denen an einem Wochenende 36 Workshops rund um die Gewaltfreie Kommunikation stattfinden. Für Teilnehmer, Trainer und den Verein ist das ein Gewinn auf vielen Ebenen.

Jetzt ist fraglich, ob wir Mitte Juli überhaupt Veranstaltungen durchführen können – und selbst wenn wir es dürfen, bleibt die Entscheidung ob wir das Risiko von ausbleibenden Teilnehmern auf uns nehmen wollen. Vorerst ist die Entscheidung bis Mai vertagt – aber wir haben die Idee, als Ersatz Online-Workshoptage zu organisieren. Seither versuchen wir Wege zu finden, möglichst viel von der Qualität der Workshoptage in ein Online-Format zu übertragen.

21./22. März: #WirVsVirus Hackathon

Am Wochenende 21./22. März war ich eine von weit über 25.000 Teilnehmern beim Hackathon #WirVsVirus. Es ging darum, in Projektgruppen Lösungen für die aktuelle Krise zu finden und auszuarbeiten. Die Projekte waren bunt gemischt: Vermittlung von Erntehelfern; digitale Besuche in Krankenhäusern und Pflegeheimen; Nachbarschaftshilfe; 3D-Druck von Beatmungsgeräten,… über 1500.

Allein die schiere Anzahl der Menschen und Projektideen hat mich erst mal umgehauen. Und gleichzeitig fand ich es extrem faszinierend zu beobachten, wie durch Selbstorganisation aus diesem anfänglichen Chaos konstruktive Ergebnisse entstehen können. Mir hat auch der durchweg freundliche und hilfsbereite Umgang untereinander gut gefallen.

Es hat etwas gedauert, bis ich mich zurechtgefunden hatte und das Projekt „Offene Ohren“ gefunden hatte, an dem ich mitgewirkt habe. Das Projekt will Menschen mit Redebedarf mit geschulten Zuhörern zusammenbringen.

Am Rande ist aus einer Anfrage nach Kommunikations-Ratschlägen dieser Artikel über den Umgang mit Fake News entstanden.

Screenshot vom Hackathon-Slack. >40000 Teilnehmer. Ankündigung des Abschlussevents mit YouTube-Link
Screenshot aus dem Kommunikationstool Slack während des Hackathons

22. März: „Healing Night“ und ImmuneForce

Aus aktuellem Anlass gab es wieder mal eine „Healing Night“ von Bahar Yilmaz und Jeffrey Kastenmüller (und falls du diesen Artikel bis hierhin komplett gelesen hast und dir die Namen langsam bekannt vorkommen: ja, ich die beiden inspirieren mich gerade sehr!)

Die beiden haben eine Art geführter Meditations-„Session“ gemacht. Aber keine Entspannungs-Meditation oder so, sondern eine Anleitung dazu, in die eigenen Schattenseiten einzutauchen und diese zu integrieren. Muster wie „ich bin nicht gut genug“ „alles ist sinnlos“ und so weiter binden so viel Kraft und mir tut es immer wieder gut, diese Muster neu anzuschauen.

Ich habe es mal wieder als richtig krass erlebt! Die Session habe ich mir dann auf der Webseite runtergeladen und die folgenden Tage immer wieder gemacht.

23. März: Eingeschlossen

Ich lese einen Bericht aus China, dass Menschen in Quarantäne in ihren Wohnungen eingesperrt wurden per Polizeisiegel. Leichte Panik kommt auf allein bei dem Gedanken daran.

Ich bin dankbar, dass es bisher bei Ausgangsbeschränkungen bleibt – und ich weiterhin allein im Wald spazieren gehen kann. Mich beunruhigt der Gedanke, dass das auch noch wegfallen könnte: Was das für mich bedeuten würde. Was das für den psychischen Zustand von allen bedeuten würde. Was das für den Zustand des Immunsystems von allen bedeuten würde – ein Wahnsinn! Ich hoffe sehr, dass das im Moment die stärksten Beschränkungen bei uns bleiben werden.

24. März: Mich packt die Trauer

Ein paar Tage war für mich ein Gefühl von Angst ziemlich präsent. Viel davon ist jetzt weg. Dafür kommt jetzt Trauer.

Ich sehne mich nach Berührung und körperlicher Nähe. Und das ich! Ich bin nicht so der Typ, der viel davon braucht, und normalerweise halte ich ganz gern eine gewisse Distanz. Aber 2 Wochen komplett ohne diese körperliche Nähe – da merke ich das langsam, dass es einfach fehlt. Mich selbst umarmen ist nicht das selbe. Mir eine Umarmung mit Freunden vorstellen ist auch nicht das selbe.

Ich spüre die Trauer. Und ich bin froh, dass ich inzwischen gelernt habe, mit starken „negativen“ Gefühlen umzugehen. Es ist wie eine starke Welle, die kommt und auch wieder geht.

25. März: Hosen reparieren

Ich packe endlich mal den Stapel Klamotten an, der hier schon seit längerem auf kleine oder große Reparaturen wartet. Einige Löcher sind gestopft, eine Lieblingshose hat jetzt endlich eine Tasche und so weiter. Vielleicht schaffe ich es ja noch, in den nächsten Wochen die schon lang geplante neue Tasche zu nähen.

26. März: Meine Achterbahn der Gefühle

Seit Beginn der Krise hat sich mein innerlicher Zustand immer wieder verändert – ein hoch und runter, hin und her in schnellem Tempo. Eben wie auf einer Achterbahn. Hier ist eine kleine Auswahl

  • wie gelähmt. hypnotisiert von immer neuen Nachrichten
  • hilflos und ohnmächtig. Ich kann nichts tun und nichts ändern an der Situation.
  • kraftvoll und stark. Ich habe es selbst in der Hand wie ich reagiere.
  • Angst. Ich habe Angst um meine Mutter, um meine Tanten – alle Risikogruppe. Auch Angst um meine Schwester und um mich.
  • neugierig. Wie wird sich alles entwickeln?
  • Angst zu sterben. Zu sterben bevor ich das erreicht habe, was ich hier im Leben erreichen will. Mir wird eng und kalt wenn ich daran denke. Und gleichzeitig finde ich es kraftvoll, mir bewusst zu werden wie wichtig mir das ist, was ich mache und dass ich noch viel mehr beitragen will.
  • unwirklich. Passiert das gerade wirklich? Manchmal erscheint mir alles wie immer.
  • gelassen und gefasst. Jetzt gerade komme ich gut zurecht.
  • optimistisch. Alles wird gut. Irgendwie. Ich weiß zwar nicht wann, und ich weiß nicht, wie die Welt dann aussehen wird, aber ich habe das tiefe Vertrauen, dass alles gut wird.
  • besorgt. Was macht die Krise mit der Gesellschaft? Wie geht es weiter? Wann dürfen wir endlich wieder raus? Werden wirklich alle Maßnahmen wieder zurückgenommen? Wird es noch mehr Maßnahmen geben? Ist die Freiheit und Demokratie in Gefahr? Wie geht es wirtschaftlich und finanziell weiter?
  • traurig. Ich bin einsam und sehne mich nach Gemeinschaft, Berührung, Nähe. Ich hatte viele Pläne Menschen zu treffen, die jetzt alle ins Wasser fallen.
  • hoffnungsvoll. Was macht die Krise mit der Gesellschaft? Ich sehe so viel Engagement und neue Initiativen.
  • irritiert. Ein kleiner Autonomie-Reflex meldet sich – „was wollen die uns noch alles verbieten“. Die Freiheit wird eingeschränkt, ich darf vieles nicht mehr was selbstverständlich war.
  • neugierig und zugleich sorgenvoll. Wie ist die Lage in anderen Ländern? Was berichten Menschen von überall in der Welt, wie sieht dort jetzt das Leben aus, was verändert sich? Welche schlimmen Folgen könnte es haben, wenn das Virus sich in Gebieten ausbreitet, in denen die Versorgung sowieso schon schwierig ist.
  • belustigt. Ich lese einen Spruch „Mutter Natur schickt ihre Kinder in den Hausarrest.“
  • verbunden und warm. Ich halte so viel Kontakt wie selten mit Freunden, Bekannten, Familie.

28. März: Ich bin erkältet

An sich ist es eine ganz normale Erkältung. Ich habe Symptome, die an sich untypisch sind für Covid-19. Ich hatte seit über zwei Wochen keinen engeren Kontakt mit irgendwem mehr – also auch mit niemandem der nachweislich infiziert ist.

Trotzdem meldet sich mein Hypochoner-Ich und überwacht jeden einzelnen Huster überkritisch (es sind maximal 3 pro Tag…). Zum Glück ist mein Fieberthermometer kaputt, sonst würde Fieber messen auch noch dazu kommen.

Ich verordne mir viel Ruhe auf der Couch und viel Tee. Ein paar Tage später ist wieder alles gut.

30. März: Monatsrückblick – auch da gibt es fast nur ein Thema…

Wie jeden Monat beginne ich, meinen Monatsrückblick zu schreiben. Ich fasse meine aktuelle Stimmung so zusammen:

Auf den ersten Blick hat sich für mich durch den Lockdown gar nicht so viel geändert. Ich habe keine Kinder, ich arbeite sowieso schon viel von zuhause aus, mit Parties und Menschenansammlungen konnte ich noch nie viel anfangen. Zu vielen Menschen in meinem Umfeld läuft der Kontakt auch sonst nur oder hauptsächlich über Telefon und Internet.

Dieser Kontakt über Internet und Telefon ist in den letzten Wochen noch mal deutlich mehr geworden. Sowohl über die Menge der Zoom-Meetings, Anrufe, Textnachrichten, als auch vor allem die Intensität. Ich habe den Eindruck, es entsteht gerade mehr Verbindung. Ich frage öfter und werde öfter gefragt „wie geht es dir?“ – ohne dass es wie eine Floskel klingt.

Trotzdem kommt immer wieder Einsamkeit auf. Die wenigen physischen Kontakte fehlen mir. Auch Angst ist immer wieder da – davor wie es weitergeht, um meine Mutter zum Beispiel. Und gleichzeitig habe ich ein großes Vertrauen, damit auch klarzukommen: die Angst spüren zu können ohne gelähmt zu sein. Die Wucht der Einsamkeit schmerzhaft zu spüren ohne zu versinken.

31. März: Ich nutze die Zeit für meine Webseite – Über-mich Seite

Das Projekt „Webseitentexte überarbeiten“ läuft schon seit Anfang des Jahres. Bei der Sympatexter Academy bekomme ich super hilfreiche Tipps und Unterstützung dafür. Durch die Krise wurde von der Veranstalterin, Judith Peters, dieser Teil des Kurses spontan für zusätzliche Teilnehmer geöffnet und auf vier Wochen komprimiert. („Fast Action Texter“)

Meine Über-mich Seite ist seit dem 31.3. komplett runderneuert – und mit der neuen Seite bin ich gerade sehr zufrieden.

Als nächstes sind die Angebotsseiten dran, da habe ich schon einige Ideen dazu und in den nächsten Tagen und Wochen wird es dort ebenfalls viele Änderungen geben.

Screenshot meiner Über-mich Seite von Anfang 2020. Viel Text und ein nicht ganz so tolles Bild von mir.
So sah meine Über-mich Seite vor ein paar Woche noch aus…
Screenshot meiner Über-mich Seite Anfang April 2020 - zumindest der oberste Teil. Zwei schöne große Bilder, etwas Text
…und so sieht meine Über-mich Seite (bzw. der oberste Teil) jetzt aus

April April

Leider ist das alles kein Aprilscherz. Und trotzdem kehrt langsam aber sicher eine Art Normalität ein. Menschen gewöhnen sich halt an alles.

1. April: Ich bin genervt und beschließe: Nachrichtendiät

Mich nerven zunehmen die vielen Angebote und Texte Rund um Corona. Ich kann es schon gar nicht mehr hören – hier eine extra Meditation, dort ein Spezialkurs „genau richtig für die Corona-Zeit“. Online-Kongresse schießen wie Pilze aus dem Boden: „Coronavirus Online-Kongress | gegen die Angst“. „Krisenintelligenz Summit“, „Stark Durch Die Krise Kongress“ – um nur ein paar zu nennen.

Dazu noch die ständigen Posts in den sozialen Medien, in denen auch gerne mal Videos oder Texte von Menschen geteilt werden, die ich gerade genervt als Beschwichtiger, Panikmacher, Verschwörungstheoretiker oder einfach nur Wichtigtuer bewerte.

Eine Zeitlang habe ich jetzt einmal oder sogar mehrmals am Tag Nachrichtenseiten gecheckt. Mir die Zahlen angeschaut und gelesen was es alles Neues gibt. Reportagen gelesen. Ja, vieles davon ist interessant – aber wirklich weiterbringen tut es mich nicht. Es kostet mich Zeit und vor allem Fokus.

Deshalb verordne ich mir eine Nachrichtendiät. Das hat jetzt auch jahrelang ganz gut funktioniert.

2. April: Wie unterschiedlich kann Wahrnehmung sein!

Im Gespräch mit einer Freundin stelle ich fest, wie unterschiedlich die Wahrnehmung ist. Sie erzählt, wie sie Zoom-Treffen mit Gruppen stressen. Die reduzierte Wahrnehmung von Körpersprache und anderen non-verbalen Signalen führen dazu, dass ihr Klarheit fehlt und das stresst sie. Ich finde es spannend, mal zu bemerken, wie sehr diese Kanäle sonst aktiv sind – meist völlig unbewusst.

Und ich finde es spannend, dass mich das gar nicht stresst. Mich nerven eher Störgeräusche oder wackelnder Hintergrund (wer Zoom kennt: der Palmenstrand…). Ich verlasse mich auch sonst oft auf das was ich höre und wenn ich mich wirklich konzentrieren will beim zuhören, schaue ich den Sprecher oft gar nicht direkt an.

Im Gegenteil ist es für mich vermutlich sogar ein Stück weit entspannend, wenn ein Großteil der Signale in Gruppen wegfällt. Bei persönlichen Treffen ist es für mich durchaus anstrengend, mit vielen Menschen auf engem Raum zu sein.

4. April: Heute startet das letzte Modul der Coaching-Ausbilung… nicht

Schon vor einigen Wochen war klar, dass das letzte Modul meiner Ausbildung zum Empathischen Coach verschoben wird. Trotzdem bin ich heute traurig, wenn ich mir überlege dass ich unter anderen Umständen heute losgefahren wäre und dann fünf Tage in einem Seminarhaus mit wundervollen Menschen verbracht hätte.

Das Modul wird zwar nachgeholt, aber vermutlich nicht im Seminarhaus sondern in Seminarräumen in München. Das finde ich sehr schade. Es ist doch etwas anderes, auch die Abende gemeinsam zu verbringen. Den täglichen Stress durchs Pendeln (inklusive Störungen der Stammstrecke …) hätte ich gern durch Spaziergänge in der Natur getauscht. Und auf das leckere Essen im Seminarhaus hatte ich mich auch gefreut.

5. April: Immer noch surreal

Ich gehe im Wald spazieren. Eigentlich ist alles wie immer. OK, mehr Menschen als sonst im Wald und die weichen sich etwas deutlicher aus als sonst. Aber sonst?

Wenn ich aus irgendeinem Grund die letzten Wochen keinerlei Nachrichten mitbekommen hätte, würde ich kaum etwas ungewöhnliches bemerken. Zumindest am Sonntag, wenn die Läden sowieso geschlossen sind.

Es ist so leicht, das alles auszublenden. Und es war von Anfang an schwer zu greifen, was da eigentlich die Gefahr ist und was passiert. Viren sind eben unsichtbar.

6. April: Innehalten – was hat sich für mich verbessert?

Angeregt durch den Blogvorschlag von Judith Peters, schreibe ich heute auf, was sich für mich persönlich durch diese ganze Krise verbessert hat.

  • Plötzlich ist es hochaktuell, sich die Haare selbst zu schneiden – ich mache das schon seit vielen Jahren und bin plötzlich „normal“
  • Jeder mutiert zum Stubenhocker und hockt (allein) zuhause. Plötzlich ist es ein Vorteil, nicht ständig auf irgendwelche Parties zu wollen.
  • So komisch es klingt: ich hoffe, dass das Vermeiden von Händeschütteln bleibt. Das ist mir schon seit längerem ein Graus
  • Ich wohne im 11. Stock. Normalerweise nehme ich so gut wie immer den Aufzug. Eigentlich wäre es eine gute Gelegenheit für mehr Bewegung im Alltag, aber meistens bin ich zu faul. Jetzt denke ich: im Aufzug ist 1,5 m Abstand nicht möglich – also lasse ich ihn denen im Haus, die darauf angewiesen sind. Und schaffe ich es so endlich, die Treppen zu benutzen. Geht auch und hält halbwegs fit.
  • Auch um nicht so oft zum Einkaufen zu müssen, habe ich eine kleine Routine aufgebaut, um selbst Sprossen zu ziehen – Mungbohnen oder Linsen zum Beispiel. Finde ich lecker, und ich habe immer was frisches zu essen.
  • Ich komme in Kontakt mit Seiten an mir, die ich sonst im Alltag nicht so oft anschaue: meine Einsamkeit, meine Angst, meine Tendenz zu erstarren. Da ich mich ja auch häufig und regelmäßig selbst coachen lasse, gibt es viele Themen und ich merke auch, dass ich weiterkomme.
  • Auch die Technik-Muffel sind jetzt bereit für Treffen per Internet / Video-Chat. Die persönliche Begegnung vor Ort kann es zwar nicht komplett ersetzen, aber lange Wege innerhalb der Stadt spart es auch sonst.
  • nach einem zwischenzeitlichen Durchhänger habe ich mich aufgerafft und mache eher mehr und regelmäßiger Sport als vorher: Yoga, Krafttraining, Ausdauer… So viel lässt sich auch zuhause machen.

8. April: Sollte ich nicht doch vor Ostern noch mal einkaufen gehen?

Ein paar Lebensmittel sind nach fast einem Monat ohne Besuch im Laden langsam aufgebraucht. Gemüse habe ich ja sowieso immer reichlich dank Kartoffelkombinat. Aber ein paar Sachen, die ich schon gerne esse, neigen sich dem Ende zu oder sind aufgegessen: nur noch ein Apfel, nur noch ein kleiner Rest Kokosmus, kein Zimtpulver und keine Bananen mehr.

Ich stelle mir die Frage: was brauche ich eigentlich wirklich? Schadet es mir, wenn ich mal keine Äpfel und Bananen habe? Die Apfel-Saison ist sowieso vorbei, im Frühjahr und Sommer esse ich sonst auch keine Äpfel. An sich ist April in unseren Breiten keine Zeit für Früchte. Draußen fangen die Erdbeeren, Kirschen und Äpfel gerade erst an zu blühen.

Ich beschließe, das Experiment zu machen. Mal nicht wie ein verwöhntes Kind immer alles sofort und jederzeit haben wollen, sondern mit dem zufrieden sein, was eben gerade da ist, und flexibel bleiben. Beim Gemüse praktiziere ich das ja weitgehend schon seit Anfang 2015. Da bin ich Mitglied in einer Solidarischen Landwirtschaft, dem Kartoffelkombinat, geworden. Seither bekomme ich einmal pro Woche eine Kiste voller Gemüse – meinen Ernteanteil mit dem, was eben gerade da ist. Für mich war das nach einer Umstellungszeit eher eine Erleichterung. Es erspart mir beim Gemüse die ständige Qual der Wahl aus den vielen Angeboten.

10.-13. April: Ostern

Dass Ostern nicht wie sonst stattfinden wird, ist schon seit Wochen klar. Wie sonst heißt: Gottesdienst früh morgens am Ostersonntag mit anschließendem Frühstück im Pfarrsaal. Weil meine Mutter mit dem Chor dort singt, und weil sie gern hat dass wir alle mitgehen, ist das eine Art Tradition geworden. Und obwohl ich schon seit vielen Jahren aus der Kirche ausgetreten bin, fand ich das immer schön. Früh morgens eine dreiviertel Stunde zur Kirche laufen durch die Dunkelheit oder den Sonnenaufgang. In der zuerst dunklen Kirche beobachten wie nach und nach die Sonne aufgeht.

Dieses Jahr fällt der Gottesdienst aus, also auch das für mich besondere an diesem Datum. Die 4 freien Tage hintereinander sind dieses Jahr auch nichts so besonderes für mich – als Selbständige teile ich mir meine Zeit frei ein, ich kann mir fast jederzeit einige Tage hintereinander ohne Termine einrichten.

Und trotzdem bin ich traurig, dass ich meine Mutter nicht besuchen kann.

11. April: Kein Internet!!

Morgens chatte ich kurz mit meiner Schwester. Plötzlich geht eine Nachricht nicht durch, das WLAN-Symbol am Handy ist weg. OK, denke ich, mein Internet hat ab und zu mal Aussetzer, nach ein paar Minuten geht es dann aber wieder. Diesmal nicht. Ich teste mein Tablet – auch da Fehlanzeige.

Dann beschäftige ich mich erst mal ein paar Stunden mit eher nervigen Dingen: Router neu starten. googeln, den Router auf Werkseinstellungen zurücksetzen. Dann: Hotline anrufen – anscheinend ist dieses spezielle Problem dort unbekannt, es gibt kein Protokoll dafür – vermutlich ist es ein Hardware-Defekt und nächste Woche bekomme ich ein Austauschgerät.

Ich merke, wie abhängig ich vom Internet bin. OK, mit mobilen Daten könnte ich noch ein bisschen was machen und zum Glück kann ich per Kabel noch ins Internet. Aber allein die Vorstellung, diese Verbindung zur Welt nicht zu haben, ist ziemlich beunruhigend für mich. Vor allem jetzt, wo die direkten Kontakte sowieso stark eingeschränkt sind.

12. April: Ostersonntag – Sonnenaufgang im Wald

Ein bisschen was von meiner üblichen Ostertradition wollte ich doch aufrechterhalten. Deshalb bin ich schon vor 6 Uhr morgens losgeradelt in Richtung Wald und bin dort ein paar Stunden spazierengegangen.

Normalerweise stehe ich selten vor 7 Uhr auf, deshalb ist das schon etwas besonderes für mich. Es war so schön zu sehen, wie erst der Himmel noch dunkel war und nur ein schmaler farbiger Streifen im Osten zu sehen war. Dann die erste Sonne an den Wipfeln der Bäume und endlich die ersten Sonnenstrahlen direkt. Da es ganz schön frisch war, hat das gleich doppelt gut getan.

Ich will unbedingt wieder mehr und länger Fahrrad fahren und auch öfter länger im Wald spazierengehen. Die momentanen kleinen Runden haben einfach nicht denselben Effekt – weder für meine Kondition noch für meine Entspannung. Und früh morgens hat den Zusatzbonus, dass nur sehr wenige Menschen unterwegs sind.

Alter Baum in der Morgendämmerung, hinter dem Ast die aufgehende Sonne
Auf einer Lichtung im Wald kommt die Sonne hervor

14. April: Neues Todo – Mundschutz nähen

Seit ziemlich genau einem Monat gehe ich heute zum ersten Mal wieder in einen Laden zum einkaufen. Ich verbinde es mit einer kleinen Fahrradtour, meine Ausdauer dankt es mir.

In den letzten Tagen höre ich immer mehr von „Mundschutz tragen“ beim Einkaufen, deshalb beschließe ich, das auch zu machen. Eher behelfsmäßig mit einem dünnen Schal. Im Nachhinein: gar keine gute Idee. Viel zu warm, rutscht und doof aussehen tut es sowieso (Foto spare ich mir).

Deshalb rutscht ein neues Nähprojekt auf meine Todo-Liste: Mundschutz nähen. Ein Schnittmuster ist schnell gefunden und Stoff in Form von alten Hemden habe ich genug hier.

15. April: Foto-Tagebuch

Ich mache ein Foto-Tagebuch. Erstmal nur für heute. Ein ganz normaler Tag in meinem Lockdown-Leben. Morgen früh werde ich mich dann entscheiden, was davon ich als Blogartikel veröffentliche.

20. April: Ich darf wieder Menschen treffen!

In Bayern gilt seit heute: Es ist erlaubt, im Freien eine Person zu treffen, die nicht zum eigenen Haushalt gehört. Das macht es für mich deutlich einfacher. Mit meiner Schwester spazieren gehen, mich mit Freunden treffen – das geht jetzt endlich wieder.

21. April: Meine ersten beiden Masken werden fertig

Eigentlich hatte ich ja letzte Woche schon begonnen, eine Maske zu nähen, aber da ich alles von Hand nähe, dauert das immer. Als die erste Maske fertig ist, brauche ich erst mal eine Nähpause.

Ich finde ein YouTube-Video mit einer Anleitung, ohne Nähen aus einer Socke eine Maske zu basteln. Innerhalb von ein paar Minuten ist alles fertig. Ich mache noch eine Abwandlung und nähe die Ohrenbänder doch an – das dauert dann zwar etwas länger, dafür hält es besser.

Judith mit Socke in der Hand und Socken-Maske im Gesicht
Vorher Socke, jetzt Mund-Nasen-Maske

22. April: Hurra, eine Absage?

Es ist absurd – heute erfahre ich, dass ein weiteres Seminar abgesagt bzw. verschoben wurde. „Heartwall-Coach“ Anfang Juni findet nicht statt, voraussichtlich erst Ende Oktober. Und ich freue ich riesig! Wieso das?

Das letzte Modul meiner Coaching-Ausbildung konnte ja Anfang April nicht stattfinden. Gestern habe ich erfahren, dass der Ersatztermin vermutlich Anfang Juni sein wird – genau am selben Wochenende. Ich war schon hin und hergerissen. Die Entscheidung zwischen beiden wäre mir wirklich schwer gefallen! Deshalb auch die Erleichterung und Freude über den verschobenen Termin.

Mai – alles neu?

4. Mai: So langsam nervt es!

Seit einigen Tagen gibt es immer mehr Lockerungen. In vielen Bundesländern wird angekündigt, dass Treffen mit wenigen Menschen wieder erlaubt werden. Bayern? Fehlanzeige!

In Bayern gibt es auch Lockerungen. Autohäuser dürfen öffnen, Frisöre dürfen öffnen, so ziemlich alle kleinen Läden dürfen öffnen. Besuche bei der Familie? Fehlanzeige!

So langsam nervt es mich wirklich! Wo sind hier die Prioritäten? Ist es wirklich lebenswichtig, sich die Haare zu färben oder sich ein neues Auto zu kaufen? Wichtiger, als mit geliebten Menschen direkten Kontakt zu haben?

5. Mai: Juhu – Familienbesuche werden erlaubt!

Am frühen Nachmittag erreicht mich die Nachricht – wir Bayern dürfen jetzt auch endlich wieder ganz offiziell die Familienbesuche machen. Aus Ausgangsbeschränkung wird Kontaktbeschränkung. Überfällig!

Ganz ehrlich: ich wäre am kommenden Wochenende so oder so zu meiner Mama gefahren – aber so ist es natürlich etwas entspannter.

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