Knatsch unterm Weihnachtsbaum? Beziehungskater?

Knatsch unterm Weihnachtsbaum? Silvester mit verbalen Böllern?
Beziehungskater nach Silvesterfeier? Familienfrieden nach Weihnachten gestört?

Vielleicht gehörst du wie ich zu denen, bei denen die Feiertage einigermaßen friedlich, harmonisch und erholsam waren. Dann wünsche ich dir weiterhin einen guten Start ins Jahr 2019 und dieser Artikel betrifft dich eher nicht.

Vielleicht ging es dir aber auch so, dass die Feiertage und der Jahreswechsel für dich (mal wieder) nicht ganz so angenehm waren. Dann kann es immerhin ein kleiner Trost sein, dass es in vielen Familien und Beziehungen über die Feiertage und den Jahreswechsel emotional hoch her geht.

Und dafür gibt es auch eine ganze Menge Gründe

Zum Beispiel:

  • Plötzlich sitzt du tagelang mit Menschen zusammen, mit denen du sonst nur gelegentlich telefonierst.
  • Plötzlich treffen unterschiedliche Wertvorstellungen aufeinander (Stichwort: Ernährungsgewohnheiten, politische Ansichten, Kindererziehung, oder Art, Menge und Bedeutung von Geschenken).
  • Vielleicht fühlst du auch plötzlich eine Verpflichtung oder eine Sehnsucht, dich bei Menschen zu melden, zu denen der Kontakt eingeschlafen oder abgebrochen ist.
  • Oder jemand, der letztes Jahr noch mitgefeiert hat, ist dieses Jahr nicht mehr dabei, und plötzlich ist der Schmerz über den Verlust oder die Trennung so lebendig wie schon lange nicht mehr.
  • Und dazu noch viele leckere Plätzchen mit noch viel mehr Zucker (ich bin überzeugt davon, dass das unsere Emotionen ganz schön aus der Balance wirft).
  • Und dazu noch Idealvorstellungen, wie ein Bilderbuch-Weihnachten und ein Bilderbuch-Silvester auszusehen hat (und ich wage zu behaupten, dass uns diese Idealbilder beeinflussen, auch wenn wir bewusst versuchen, neue Wege zugehen, und wenn uns diese zuckrigen Bilder auf die Nerven gehen)

Das alles führt ganz gern mal dazu, dass Konflikte, die das ganze Jahr über schlummern, plötzlich (drohen zu) explodieren. Oder dass wir in alte Muster aus der Kindheit zurückfallen, weil wir plötzlich wieder mit Mama, Papa, Geschwistern längere Zeit zusammen sind. Oder auch: dass Einsamkeit, die das ganze Jahr erträglich scheint, plötzlich unerträglich schmerzhaft wird.
Kurzum: die Emotionen kochen hoch. Ärger, Wut, Scham, Trauer, Verzweiflung und auch Freude sind oft viel stärker als im Alltag.

Nach den Feiertagen

Wenn du das hier liest: Herzlichen Glückwunsch, anscheinend hast du die vergangenen Feiertage immerhin überlebt. 😉

Und vielleicht ist jetzt, wo für die meisten der Alltag wieder beginnt oder begonnen hat, ein guter Zeitpunkt dafür, Bilanz zu ziehen, aufzuräumen in den Beziehungen und eine Basis dafür zu legen, dass die nächsten Feiertage und auch der Alltag besser gelingen.

Hier sind ein paar Vorschläge dafür:

A) Ärger

Erinnere dich an eine Situation über die Feiertage, als du auf jemanden sauer warst (es reicht auch eine kleine Irritation).
Trete einen Schritt zurück und überlege, was dein (Herzens-)Anliegen war oder was du gebraucht hättest. Denk dabei an größere Kategorien wie z.B. Verständnis, Ruhe, Gemeinschaft, Anerkennung. Überlege, was du in einer ähnlichen Situationen sagen oder tun kannst, um besser für dich zu sorgen.

B) Scham

Erinnere dich an eine Situation über die Feiertage, als du etwas gemacht hast für das du dich schämst (auch hier: es reicht eine Kleinigkeit).
Auch hier: Trete einen Schritt zurück und überlege, was der gute Grund war, warum du so gehandelt hast. Vielleicht hilft dir auch hier die Frage, was du gebraucht hättest. Kannst du jetzt mehr Verständnis für dich aufbringen? Wie könntest du beim nächsten Mal anders handeln?

C) Trauer

Erinnere dich an eine Situation über die Feiertage, als du jemanden vermisst hast (wenn möglich nimm auch hier erst mal ein Beispiel, bei dem dein Schmerz eher klein ist).
Nimm dir einen Moment Zeit, um die Trauer zu spüren. Denke an etwas, was du ganz besonders vermisst an diesem Menschen, was dir besonders wichtig war. Denk dabei auch wieder an größere Kategorien wie z.B. Verständnis, Ruhe, Gemeinschaft, Anerkennung. Überlege, mit welchen anderen Menschen du das auch erlebst, oder welche Möglichkeiten es sonst noch gibt, mehr davon in deinem Leben zu haben. Was verändert sich?

D) Freude

Erinnere dich an eine Situation über die Feiertage, als du dich so richtig über etwas gefreut hast, was jemand gemacht hat (falls es dir schwerfällt, eine Situation zu finden, versuch auch hier eine Kleinigkeit zu finden). Überlege dir, was genau der andere Mensch gemacht hat. Wie hat es dazu beigetragen, dass es dir besser ging oder etwas für dich angenehmer war? Sag oder schreib es der Person.

Ich freue mich, wenn du mir deine Erfahrung per email schreibst oder über die Kommentare unten teilst. Meine eigenen Antworten findest du (etwas anonymisiert) ganz unten.

Unterstützung holen

Manches klappt mit Unterstützung durch ein neutrale Person einfach besser. Jemand, der nicht am Streit beteiligt ist, kann oft viel klarer auf eine Situation sehen. Insbesondere natürlich, wenn diese Person Erfahrung dabei hat, Menschen in Konflikten zu begleiten.

Ich erlebe immer wieder in Konflikt-Coachings und auch in Mediationen (= strukturierte Konfliktgespräche), dass diese Unterstützung von außen zu ganz viel Verständnis beiträgt. Und diess Verständnis ist die Grundlage für neue Ideen, besser mit der Situation umzugehen.


Und hier noch meine Antworten:

A) Bei uns war es zum Glück wirklich recht angenehm und harmonisch. Was mich in den ersten Tagen etwas genervt hat: viel zu wenig (gemeinsame) Spaziergänge. Ich hätte einfach mehr Bewegung gebraucht, an der frischen Luft, in der Natur. Nach ein paar Tagen hab ich zum Glück gemerkt, dass mir das fehlt, und bin einfach abends noch allein eine halbe Stunde losgezogen.

B) Meine Mutter wollte auf eine Art und Weise Unterstützung haben, wie ich es nicht machen wollte. Da hab ich dann so was gesagt wie “mit mir nicht” (und habe sie auf andere Art und Weise unterstützt). Und das finde ich nicht gerade toll, ich wäre gern geduldiger und verständnisvoller gewesen. Was war mein guter Grund? ich glaube, Grenzen setzen. Und: ich hatte in dem Moment nicht viel Kapazität für irgendwas, ich war ziemlich müde. Was könnte ich beim nächsten Mal anders machen? Bevor ich reagiere, einmal tief durchatmen. Wenn es wieder geht, sagen “du, da ist für mich eine Grenze erreicht, das werde ich nicht machen.”

C) Auch drei Jahre nach seinem Tod fehlt mir mein Vater noch. Seine Begeisterung für Dinge oder Menschen, die er interessant fand, das sticht für mich gerade am meisten hervor, dieses Feuer. Mir fallen jetzt auch ein paar andere Menschen ein, bei denen ich genau das mag. Und ich kann versuchen – für mich und für andere – in mir Stück für Stück diesen Teil lebendiger werden zu lassen, dieses Feuer der Begeisterung leuchten lassen.

D) Es wäre jetzt einfach zu sagen, ich habe mich darüber gefreut, dass meine Schwester Claudia da war. Oder, dass es ganz viele Situationen gab, in denen sie da war und wir zusammen geredet und gespielt und gekocht und gespült haben. Das stimmt zwar auch, aber ich will es ja spezifisch machen. Und ich tagge sie jetzt einfach hier, dann kann sie es lesen: Also, liebe Claudia, wir haben zusammen die beiden Klangreisen gemacht, und ich meine es war deine Idee, dass wir beide sprechen, immer abwechselnd jede einen Satz. Das war für mich so viel Spontanität, Flexibilität, Lebensfreude, Verbindung, das freut mich auch jetzt noch und ein breites Grinsen wandert auf mein Gesicht. Danke, dass wir das zusammen erleben konnten! Und ich hoffe, wir können so etwas noch ganz oft zusammen machen.

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